Darum ein "KG- Hund"



Der zweite Erfahrungsbericht von Anja


„Erstens kommt es anders, zweitens, als man denkt“ oder „Ende gut, alles gut“


Vorgeschichte


Als im Winterhalbjahr 2008 deutlich wurde, daß der Abschied von meiner langjährigen Begleiterin, meiner Schäferhund-Collie-Mix-Hündin Tara, sehr nahe gerückt war, mußte ich mir Gedanken machen, wie es nach ihrem Tod weitergehen sollte.
Das „Muß“ war durch Amie zu einem „Muß“ geworden, die im Oktober 2007 bei mir eingezogen war und eigentlich einmal Taras Platz bei mir als allein gehaltener Hund einnehmen sollte. Damals war von den Tierärzten für Tara eine nur noch mehrwöchige Lebenserwartung ausgesprochen worden.
Tara sind aber noch fast anderthalb Jahre lebenswertes Hundeleben geschenkt worden. Und in dieser Zeit ist aus den beiden Hundedamen ein Team geworden, das nahezu unzertrennlich wurde. Amie hat in dieser Zeit ihren ganzen Lebensrhythmus mit einem zweiten Hund im Haus geteilt und bei mir nie etwas anderes als ein Hundeleben in Gesellschaft kennengelernt (natürlich mal abgesehen von den zeitweisen Pflicht-Trennungen aus Erziehungsgründen). Und sie hat es genossen. Tara hat ihr durch ihre Souveränität noch einen guten Grundstock für ein Hundeleben in der Großstadt mitgeben können. Und das eben statt weniger Wochen fast anderthalb Jahre.

Sollte ich Amie diese Lebensqualität und –freude am Zusammenleben mit einem zweiten Hund jetzt nehmen? Sicherlich, die Umgewöhnung wäre möglich gewesen. Sie ist schlau und begreift schnell. Und für mich wäre sicherlich auch einiges anders gelaufen: kein verdrecktes Auto mehr, weil Amie dann alleine im Kofferraum Platz gehabt hätte und die Rückbank den Menschen wieder zugedacht werden konnte. Keine Hundehaarberge in der Wohnung mehr, denn Amie haart nicht. Deutlich reduzierte Futter- und Tierarztkosten. Kein Plan B mehr, wo kommen 2 Hunde gleichzeitig unter, wenn ich beruflich doch mal länger als 3 Stunden weg muß oder krank werde. Und...... deutlich weniger Glück auch für mich selbst.

Ich hatte mich ebenso an dieses Zweierteam in der Wohnung und beim Spazierengehen gewöhnt wie Tara und Amie selbst. Und so war nach reiflicher Überlegung im Vorfeld (am Tag des Einschläferns von Tara oder unmittelbar danach wären meine Emotionen sicherlich ein ganz schlechter Ratgeber gewesen!) und Klärung der notwendigen Rahmenbedingungen klar: Taras Körbchen wird wieder bewohnt werden und Amie darf die Zweisamkeit weiter genießen.

Also habe ich (mal wieder, wie damals bei Amie auch) auf den KG-Seiten gestöbert und Ausschau gehalten, ob sich der meiner Meinung nach zu Amie passende Hundekumpel wohl finden lassen würde.
Vom Alter sollte er nicht zu weit mit Amies auseinanderliegen, nicht zu groß sein, eine Hündin und wenn möglich, ein Schäfermix (die mich ab dem Jugendalter begleiteten). Und diesen Hund gab es! Wunderbar. Alles paßte, so dachte ich. Ich behielt die Hündin im Auge, keiner schien sich weiter zu interessieren.

Kontaktaufnahme mit Frau Ackermann

Nach Taras Tod habe ich dann eine mail mit meinen Vorstellungen an Frau Ackermann geschickt, der Rückruf erfolgte am gleichen Tag. Wir haben lange telefoniert und vieles überlegt. Vorweg möchte ich eins betonen: Die von mir ausgewählte Hündin hätte bei uns einziehen dürfen!
ABER: Für die Nacht gab mir Frau Ackermann sozusagen ein paar Hausaufgaben mit auf den Weg. Deutlich wurde im Gespräch noch einmal Amies nicht unerhebliches Handicap thematisiert. Amies zertrümmertes Beinchen und eine junge Schäfermixhündin – paßt das? Amie, die mit ihren fast 3 Jahren gerade dabei ist, ihren Rang gegenüber anderen Hunden ganz klar zu machen – und eine junge Schäfermixhündin, die genau das 2 Jahre später auch versuchen wird – paßt das? Und vieles mehr wurde angesprochen. Unter anderem auch die Alternative:
Freno, knapp 2-jähriger Labbimix, u.U. leichtes Handicap durch doppelten Beinbruch.
Schluck: Freno verkörperte all das, was ich nie oder nicht mehr wollte: Rüde, Jagdhund, pechschwarz, ungewisser Ausgang seines Beinbruchs.
Ich hätte jetzt die beleidigte Leberwurst oder wütende Tierschützerin spielen können (wie kommt Frau Ackermann dazu, einem Hund aus dem Ausland, dem ein schönes Zuhause sicher wäre, nicht sofort freudig zuzusagen?) und mich einfach an eine andere Organisation oder ein Tierheim wenden können. Wahrscheinlich hätte ein paar Tage später ein Hund, wie ich ihn wollte, bei mir Einzug gehalten.

ABER: Ich habe mit Amie erstmal einen Spaziergang gemacht und nachgedacht. Frau Ackermann hatte mit all ihren Bedenken und Anregungen recht. Sicherlich hätte ich das Zusammenleben mit Amie und der Schäfermixhündin arrangieren können und es hätte auch irgendwie funktioniert. Ob die beiden aber auf Dauer das Dreamteam geworden wären, das ich mir wünschte, war in der Tat zu bezweifeln. Trotz über dreißigjähriger Hundeerfahrung hat dieses Gespräch mit Frau Ackermann mir andere Möglichkeiten aufgezeigt zum gewünschten Ziel zu kommen und heute, 4 Monate später weiß ich, es waren die besseren und richtigen!
Wie gesagt, ich dachte nach und ließ mir Zeit.
Mit Rüden hatte ich intensive Erfahrungen dadurch, daß ich einige ausgebildet habe. Aber als langjährigen Begleiter fehlten mir diese. Ein Jagdhund? Wie soll ich dem mitten im Ruhrgebiet in einer Großstadt gerecht werden? Einen solchen Hund nicht seiner Veranlagung nach zu halten, wäre für mich nicht in Frage gekommen.
Also habe ich Kontakt zu Jägern, die Labradore haben, gesucht und Infos eingeholt. Was kommt da auf mich zu? Was kann ich dem Hund bieten und was muß ich ihm bieten? Bewußt habe ich nicht die mindestens 50 Labbibesitzer im näheren Umkreis von uns befragt, die m.E. eine Moderasse halten, nur nicht einen Labrador so, wie er es braucht. Na ja, die Farbe: da kann man sich dran gewöhnen. Amie ist schließlich auch schwarz. Und das Bein? Das haben wir jetzt schon 2x geschafft, dann eben auch noch ein drittes Mal.

Zwei Tage später habe ich Frau Ackermann erneut angerufen. Nocheinmal ein langes Telefonat, in dem wir geklärt haben, daß Freno ohne Wenn und Aber und nicht als Notlösung eines zweiten Hundes um jeden Preis willen gedacht, willkommen war.

Ohne Wenn und Aber: das war mir mit 100%iger Entschlußkraft klar: ich habe bei Frau Ackermann keine Ware aus dem Katalog bestellt, die ich bei geringsten Schwierigkeiten oder Nichtgefallen einfach umtauschen kann.
Nein, da kommt ein Lebewesen, von dem vieles wie in der Beschreibung von Freno beschrieben, bekannt war, aber eben niemals alles.
Ich würde aus Gran Canaria ein Überraschungspaket bekommen und war mir klar: du mußt auch bereit sein, dich auf Überraschungen einzulassen und eventuelle Schwierigkeiten anzugehen.
Das war etwas anderes als bei Amie (von ihr war viel mehr bekannt), das ist etwas anderes als der Kauf eines Welpen beim Züchter oder die Übernahme eines Hundes, der zeitlebens bei Bekannten war.

Ende gut, alles gut

Mitte Januar, 4 Wochen nach Taras Tod, habe ich Freno in Köln in Empfang genommen. Die Betreuung am Flughafen war, wie bei Amie auch, prima. Impfpaß, Röntgenbilder etc. wurden erklärt und ausgehändigt. Und los ging es nach Hause. Freno war vom Beruhigungsmittel, das er vor dem Flug erhalten hatte, noch ruhig genug, die halbstündige Autofahrt gelassen zu überstehen. Amie war im Auto dabei. Vielleicht hat das auch ein bißchen Sicherheit vermittelt.
Einem kurzen Gassigang zu Hause mit ausbruchssicherem Geschirr folgte eine ruhige Nacht.
Amie und Freno haben sich am nächsten Tag schnell angefreundet. Freno reagiert auf das Gezicke einer Hündin freundlich und gelassen, ist weder futterneidisch noch beansprucht er den ersten Platz bei mir.
Erfreuliche Voraussetzung für die Entstehung eines Dreamteams. Und das sind die beiden, vergleiche alle Geschichten dazu, mittlerweile geworden.

Was hat mein „Überraschungspaket“ für mich bereitgehalten:

Freno ist charakterlich so, wie Frau Ackermann ihn im Vermittlungstext beschrieben hatte. Freundlich, nicht dominant, souverän. Meine Tierärzte haben aufgrund der mitgelieferten Röntgenaufnahmen und dem Vorführen von Freno komplette Entwarnung gegeben: da bleibt nichts zurück!
Freno ist labradorgemäß ein Hund, der arbeiten möchte. Wasser liebt er, apportieren auch. Bei beidem scheint er auch Vorerfahrungen zu haben, das hat ein Jäger getestet. Ob dem so ist, wissen wir nicht, da diese Art der Jagdhundausbildung auf Gran Canaria wohl nicht üblich ist. Aber er beherrscht Dinge, die er nicht alleine gelernt haben kann z.B. Apportieren von toten Vögeln aus dem Wasser, Leinenführigkeit, das Laufen während der Jagd dicht hinter dem Menschen, Schußgleichgültigkeit uvm.
Das war in der Tat eine große Überraschung und eine gute, da wir nun den Weg vorgegeben hatten, Freno adäquat beschäftigen zu können. Nicht als Jagdhund im eigentlichen Sinne bei einem Jäger, aber mit ähnlichen zivilen Aufgaben bei mir.
Er ist absolut verträglich mit anderen Hunden, hat innerhalb 4 Monaten begriffen, daß Kaninchen absolut tabu sind und hat sehr schnell einen souveränen Grundgehorsam gelernt.
Der Alltag mit Freno ist einfach problemlos und bereichernd für den Menschen.

Gar nichts Negatives?

Intensiv arbeiten wir immer noch an einer Geschichte, die sich sofort am ersten Tag gezeigt hat: Freno hatte panische Angst vor Autoscheinwerfern im Dunkeln. Vermutlich ist er auf Gran Canaria in der Dunkelheit angefahren worden. Man hat ihn mit doppeltem Beinbruch im Straßengraben gefunden. Das würde diese Angst erklären.
Ihm die zu nehmen und in gesunden Respekt vor dem Auto umzuwandeln, das wird noch eine zeitlang unsere Aufgabe bleiben..

Fazit

Mit Hilfe einer seriös und souverän arbeitenden Frau Ackermann sind Amie und Freno ein hoffentlich langes Hundeglück als Dreamteam beschert worden und mir ein „Rohdiamant“ an meiner Seite, den ich nicht mehr missen möchte.


Anja Humbert, Duisburg im Mai 2009

(anja.humbert@arcor.de)